September 2023

Expertenseminar 2023 in Berlin

150 Schadenexperten und -expertinnen diskutierten in Berlin und Müncheberg

Die Internationale Vereinigung der Versicherer in der landwirtschaftlichen Produktion (AIAG) veranstaltet jährlich ein Seminar, in dem sich die Spezialisten zu Fragen der Schadenbewertung austauschen. In diesem Jahr waren die deutschen Ernteversicherer für die Ausrichtung verantwortlich. Die VEREINIGTE HAGEL, deren Vorstandsvorsitzender Dr. Rainer Langner auch Mitglied im Board der Vereinigung ist, hatte hierfür die Federführung übernommen. Rund 150 Expertinnen und Experten aus 21 Ländern folgten der Einladung nach Berlin sowie Müncheberg und bewerteten Schadbilder, die den Maispflanzen zuvor manuell zugefügt worden waren.

Ziel der AIAG ist es u. a., den Erfahrungsaustausch unter den Versicherern im Bereich der Schadenregulierung zu fördern, wie Pascal Forrer, amtierender Präsident der AIAG, anlässlich einer Pressekonferenz in Müncheberg betonte. 

Leibniz-Institut als idealer Versuchsstandort

Auf den Flächen des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg hatte das Team der VEREINIGTEN HAGEL die Versuche angelegt. Versuchsleiter Dr. André Schaffasz begründet die Standortwahl: „Am ZALF haben wir von Anfang an die notwendige Infrastruktur vorgefunden, die wir für unseren Versuchsaufbau benötigen. Da das ZALF bereits über Erfahrungen in der Anlage von Dürreversuchen verfügt, konnten uns die Ansprechpartner vor Ort darüber hinaus wertvolle praxisrelevante Tipps geben. Außerdem eignen sich die sandigen Böden in Brandenburg besonders gut für die Simulation von Dürre.“ Neben der Trockenheit, die durch den Einsatz so genannter „Rainout-Shelters“ simuliert werden konnte, wurden den Pflanzen auch Schäden durch Sturm beigebracht. „Während die Shelter wie große Dächer das Niederschlagswasser von den Pflanzen fernhalten, mussten wir bei den Sturmschäden kräftig Hand anlegen,“ berichtet Schaffasz. Die einzelnen Pflanzen wurden dafür manuell etwa in Hüfthöhe abgeknickt.

Schäden durch Dürre und Sturm

Die entstandenen Schäden wurden von den Expertinnen und Experten, die in mehreren Gruppen das Versuchsfeld bewerteten, kompetent ermittelt. Der ausbleibende Regen hatte dazu geführt, dass die Einkörnung in die Kolben weit hinter der Kontrollparzelle zurückgeblieben war. Durch die Trockenheit war die Synchronisation von Fahne und Narbenfäden erschwert, so dass ein Kolben oft nur über 100 bis 150 Körner verfügte. Auch die Tausend-Korn-Masse (TKM) blieb durch den reduzierten Saftfluss aufgrund des Sturmschadens deutlich hinter den angestrebten 400 Gramm zurück. Herausforderung für die Sachverständigen war es nun, die Ursachen für die einzelnen Schäden herauszufiltern und den Gesamtschaden zu ermitteln. Zudem galt es, Nebenerscheinungen durch den Beulenbrand oder Maiszünsler entsprechend zu erkennen und zu bewerten. Die Ergebnisse der einzelnen – international gemischten – Gruppen wurden im Anschluss an den praktischen Teil im Plenum vorgestellt und diskutiert.

Bereits am Tag zuvor hatte der Geschäftsführer des Deutschen Maiskomitees, Dr. Burkard Kautz, einen Überblick über die Bedeutung des weltweiten Maisanbaus sowie die Entwicklungen hinsichtlich Sorten und Erträgen gegeben. Schaffasz hatte mit seinem Kollegen Andreas Meyer die Versuchsanordnung sowie die Methodik in der Schadenermittlung vorgestellt. Sie wiesen darauf hin, dass die von der vor Ort stationierten meteosol®-Wetterstation gelieferten Daten wertvolle Informationen bei der Vorbereitung und Durchführung der Versuche geliefert hatten. Auch ein kleinräumiges Unwetter am 24. Juli mit Windspitzen von über 100 km/h wurde von der Station gemessen. Dass dadurch zusätzliche Schäden zum manuell geknickten Mais entstanden sind, wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern natürlich nicht vorenthalten.

Vorsorge wichtiger denn je

Thomas Gehrke, Vorstandsmitglied der VEREINIGTEN HAGEL und Gesamtleiter des Projektes, ging bei seiner Präsentation auch auf die Unwetterschäden des laufenden Jahres ein: „Das Jahr 2023 war bislang eines der schlimmsten in Deutschland und in vielen anderen Ländern der Welt. Extreme Hagelereignisse vom Baltikum bis nach Italien, Überschwemmungen in Slowenien, Kroatien und Österreich, extreme Hitzewellen in Südeuropa und den USA, Tropenstürme in Südostasien sind nur einige Wetterkalamitäten der letzten Wochen.“ Die dabei gezeigten Bilder entfalteten ihre eigene Wirkung. Umso mehr betonte Gehrke die Wichtigkeit eines solchen Seminars, wie es in Berlin und Müncheberg durchgeführt wurde: „Mögen die teilnehmenden Versicherungsgesellschaften auch im Wettbewerb zueinanderstehen, eint sie doch ein gemeinsames Ziel: die verlässliche und korrekte Bewertung der Schäden und damit die nachvollziehbare und glaubwürdige Festsetzung der Entschädigung. Hierfür hat das diesjährige Seminar einen entscheidenden Beitrag geleistet. Und es hat sich wieder einmal gezeigt, dass die Absicherung gegen Unwetterschäden – nicht nur in Deutschland oder Europa – für die Liquidität und damit die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe von entscheidender Bedeutung ist.“